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Laut Definition heißt „sich selbst genügen“, sich selbst wertschätzen. akzeptieren und lieben – ein wohlwollender Umgang mit sich selbst. Für mich bedeutet es, mich selbst annehmen zu können, mit all meinen Ecken und kanten und offen für neue Erfahrungen und Menschen zu sein.
In einer Welt, die sich zunehmend für die Emanzipation der Frauen einsetzt, ist die Selbstakzeptanz einer Schauspielerin und das damit verbundene „sich selbst genügen“ ein mächtiges Werkzeug für eine persönliche Befreiung und künstlerische Stärke.
In der Schauspielerei ist es nicht immer einfach, sich selbst zu genügen und sich so anzunehmen wie man ist, denn Schönheitsstandards, Körperbild und externe Anerkennung stehen leider oft noch im Weg. Schafft man es aber, sich davon freizumachen, ermöglicht es nicht nur eine positive künstlerische Entwicklung, sondern unterstützt auch die mentale und emotionale Resilienz in einer anspruchsvollen Branche.

Sicher ist, je mehr man weiß und kann, desto stärker wird das eigene Selbstbewusstsein und desto überzeugender wird die Darstellung.

Die Frage, wie man es schafft, bleibt. Denn obim Privatleben oder Job, überall herrscht durch Social Media und der damit verbundenen Schnelllebigkeit und Vergleichbarkeit das Gefühl, perfekt sein zu müssen und ersetzbar zu sein. Da kommt der wohlwollende Umgang mit sich und das „sich selbst so akzeptieren wie man ist“ schon mal ins Wanken. Neigen wir Frauen eher dazu, uns nicht selbst zu genügen? Wenn ja, gibt es Möglichkeiten für eine emanzipierte Schauspielerin, sich selbst noch mehr anzunehmen und authentisch in ihrem Beruf zu arbeiten?
Dass wir Frauen vielleicht mehr an uns hadern, könnte vielerlei Gründe haben: Erziehung, kulturelle Einflüsse, gesellschaftliche oder familiäre Erwartungen, Geschlechterungleichheit, Schönheitsstandards, Körperbild usw. Wichtig zu betonen ist dass nicht alle Frauen zwangsläufig mehr an sich zweifeln als Männer. Selbstverständlich können auch Männer, gerade im Beruf des Schauspielers, mit Selbstzweifeln und einem Gefühl von „sich nicht genügen“ konfrontiert sein.
Wie schafft es nun die einzelne Schauspielerin, sich selbst anzunehmen und wertzuschätzen, um authentisch in ihrem Beruf zu arbeiten? Selbstvertrauen durch Wissen und Können weiter auszubauen, ist aus meiner Sicht ein guter Weg. Zum Beispiel durch den Austausch mit erfahrenen Kolleg*innen in der Branche, die Arbeit mit einem Coach, Workshops, verschiedene Schauspieltechniken oder eine regelmäßige Trainingsgruppe. Solche Impulse helfen, das Selbstvertrauen als Schauspielerin weiter zu stärken. Sicher ist, je mehr man weiß und kann, desto stärker wird das eigene Selbstbewusstsein und desto überzeugender wird die Darstellung.
Das Miteinander und gemeinsames Training, aber auch die Solidarität und die Zusammenarbeit mit anderen Schauspieler*innen hilft beim „sich selbst genügen“. Eine Gemeinschaft kann dazu beitragen, dass Schauspieler*innen sich gegenseitig helfen, anspornen und voneinander lernen, ohne in einen destruktiven Wettbewerb zu geraten.
Speziell unter Frauen nimmt die Solidarität zu. Erfahrungen werden geteilt, gegenseitige Hilfe wird angeboten, Informationen werden ausgetauscht und es wird gemeinsam für Gleichberechtigung und faire Arbeitsbedingungen gekämpft. Unterstützend wirken Verbände, Organisationen und Netzwerke, wie z. B. WIFT (Women in Film and Television), FrauSpielerin (Plattform von Pottcast NRW für Schauspielerinnen), aber auch der BFFS, Female Filmmakers CGN und viele mehr, welche sich alle mit dem Thema Frauen in der Filmbranche und ihrer Sichtbarkeit beschäftigen.
Die Schauspielerin Franziska Benz (Gründerin des Studio Köln) erzählte vor einiger Zeit bei einem BFFS-Stammtisch in Köln, warum sie sich entschieden hat, gemeinsam mit ihrem Mann Cedric Sprick-Benz das Studio zu gründen. Einer ihrer Dozenten, Luk Perceval (Regisseur u. a. am Thalia Theater Hamburg), sagte immer: „Bildet Schauspielbanden“. Ihr fehlte solch ein Ort in Köln, wo man sich treffen und zusammen sein Handwerk trainieren, sich austauschen und sich gegenseitig unterstützen kann.
Ähnlich ging es auch Lesley Higl und Dirk Hermann von Pottcast NRW in Bochum. Auch ihr Antrieb war, die Schauspieler*innen in NRW zu unterstützen, ihnen ein Gesicht und eine Stimme zu geben und Platz und Raum für den Austausch zu schaffen. Das Studio und Pottcast NRW bieten auch Workshops an. Auch diese können helfen, sich mit anderen Kolleg*innen aus der Branche auszutauschen und zusammen an kreativen Projekten zu arbeiten.
Dürfen wir Frauen insgesamt noch mutiger in Bezug auf unsere eigenen künstlerischen Visionen werden? Dürfen wir mehr ausprobieren und dabei auch Fehler machen? Meine Antwort ist eindeutig.
ja! Ich denke, dass es wichtig ist, sich als Schauspielerin die Zeit zu nehmen, in sich hineinzuhören.
Was möchte ich – was nicht? Für sich selbst sorgen, auf seine körperliche und mentale Gesundheit zu achten – das ist entscheidend.
Je mehr wir einander unterstützen, miteinander arbeiten und uns wertschätzen, desto besser können wir die Entwicklungen in der Filmwelt vorantreiben. „Also Mädels lasst uns rausgehen und Schauspielbanden bilden“.

 

 

ANTJE HAMER
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