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Ende Mai dieses Jahres veröffentlichte das On- line-Medienmagazin DWDL.de ein Interview mit Rainer Ludwig (Geschäftsführer der FFS) und Sebastian Haacke (Technischer Leiter der FFS). Dieses Interview löste ein breites Echo in der Synchronbranche aus, denn dort konnte man Erstaunliches, Ermutigendes, aber auch Erbauliches lesen …

Das Interview beginnt gleich mit einem Paukenschlag. Denn dort antwortet nach der Frage „Viel Wirbel um nichts?“ Rainer Ludwig schon in der Überschrift: „Unterstellungen, die ich zurückweise“. Aber worum geht es dabei?

Sowohl die Berufsvereinigung Filmton (BVFT), als auch der Bundesverband Schauspiel (BFFS) und der Synchronverband Die Gilde sprachen sich in zum Teil ähnlichen Stellungnahmen gegen die angebliche Einführung einer neuen Synchron-Technologie aus. Diese stelle ein „erhebliches Risiko” für qualitativ hochwertige Synchronfassungen dar, war da zu lesen.

Da die FFS quasi Gründungsmitglied der GILDE ist, erscheint es etwas merkwürdig, dass R. L. so überrascht ist, dass die GILDE ähnlich kritisch Stellung bezogen hat wie BVFT und BFFS. Die Befürchtung, die neue Aufnahmetechnik diene im Endeffekt auch dazu, Kosten einzusparen, weist R.L. zurück:

„… Das Ziel ist nicht, Geld einzusparen und schon gar nicht, Cutterinnen und Cutter”, sagt Ludwig, der davon spricht, dass Behauptungen aufgestellt worden seien, die „ausschließlich auf Hörensagen beruhen …”

Und an anderer Stelle heißt es:

„… Wir wollen die Mitarbeitenden, das Unternehmen und unsere Philosophie in die Zukunft transportieren. Das sollte man uns zugutehalten und nicht pauschal Dinge ablehnen, nur weil man sie 50 Jahre lang so gemacht hat …”

Im weiteren Verlauf kann man erfahren, dass die FFS zwar durchaus plant, das neue „Band Rythmo“-System einzusetzen, aber nicht in nächster Zeit und auch nicht 1:1 wie in Frankreich. Man führe Tests durch und passe das System den Bedürfnissen des hiesigen Marktes an. Wichtig sei dabei, so der ebenfalls interviewte Sebastian Haacke, sich zukünftig vom „Korsett des Takes zu lösen“. Und er sieht eher die Kürze der Takes als künstlerisches Problem der Sprechenden, weil es durch die Unterbrechungen schwerer sei, später die gleiche Melodie in der Stimme zu finden … Das mag vielleicht früher bei analogen Aufnahmen ein Problem gewesen sein, ist es aber heute eher nicht, weil man ja sowohl Anschlüsse hören als auch Takes aufteilen bzw. zusammenziehen kann. Und weiter:

„Die Sprecherinnen und Sprecher haben keine Nachteile zu befürchten, sie werden nicht mit weniger Gage nach Hause gehen.“

Durch das neue Erytmo sollen alle Versionen der Dokumente in einer Software gebündelt werden – und könnten so von allen Beteiligten zeitgleich eingesehen und bearbeitet werden. Dadurch werde es administrative Einsparungen geben, so FFS-Chef Ludwig. „Wenn wir in Deutschland Schwachstellen des bestehenden Systems ausmerzen wollen, müssen wir uns auch neue Techniken ansehen.Und da ist die Software Erytmo eine gute Sache, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen.”

Zur Frage, ob mit dem neuen System künftig auch Gagen eingespart werden, äußert sich dann noch einmal R. L.:

„Die Sprecherinnen und Sprecher haben keine Nachteile zu befürchten, sie werden nicht mit weniger Gage nach Hause gehen.“

Zum Ende des Interviews verweist R. L. auf das Thema KI, das die Branchenverbände viel mehr umtreiben sollte als die neue Software bei der FFS. Denn noch würden ausgebildete Sprecher*innen zwar weiterhin gebraucht, aber bestimmte Arbeiten, wie beispielsweise Werbung oder Dokumentationen, könnten schon bald von KI „erledigt“ werden. Fazit: Das Interview versucht zum einen, die Branche zu beruhigen, enthält aber auch einige bedrohliche (?) Perspektiven, die R. L. und S. H. nicht unbedingt entkräften können. Unter der versprochenen Transparenz in Bezug auf die kommenden Veränderungen haben wir uns auf alle Fälle ein wenig mehr versprochen …

*Alle kursiven Zitate sind dem Interview entnommen!
Quelle: m.dwdl.de/a/93149

Stefan Krause
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Synchronisiert schon seit analogen Zeiten in Hamburg, München und (hauptsächlich) Berlin. Er ist seit Anbeginn Mitglied des IVS und der Gewerkschaft ver.di, seit 2007 in der Redaktion der UNSYNCBAR und seit 2019 in der SCHAUSPIEGEL-Redaktion.
Er lebt, liest und arbeitet autolos & mobil in Berlin-Kreuzberg.