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Nach langen Sondierungsgesprächen, die sich mit Pausen über mehrere Jahre hinzogen, haben vor einiger Zeit Verhandlungen des BFFS (unterstützt von ver.di) mit den Synchronproduzenten über einen Tarifvertrag für Synchronschauspieler*innen begonnen. Und um die wichtige Frage zu klären, wie das derzeitige Gagengefüge aussieht, soll eine Umfrage durchgeführt werden, um relevante Zahlen für die weiteren Gespräche zu ermitteln. Dass die Gegenseite gern von den „flächendeckenden Gagenerhöhungen“ der letzten Jahre spricht, die die Kosten nach oben treiben, ist für Arbeitgeber nicht untypisch, sondern gehört zur normalen Rhetorik.

Ein wenig merkwürdig ist dabei jedoch die Tatsache, dass wir unsere Gagen offenlegen sollen (selbstverständlich anonymisiert), aber die Bilanzen der Synchronfirmen weiterhin ein Betriebsgeheimnis bleiben. Es wird eher „kommuniziert“ und hervorgehoben, wie viel Geld in neue Technik und den Bau neuer Atelierkapazitäten investiert werden muss, um auf dem hart umkämpften Markt zu bestehen.

Dagegen bleibt im Dunkeln, welche Gewinne Synchronfirmen erzielen – nach Abzug aller Kosten für Technik, Studios, Gehälter für Angestellte, freie Mitarbeiter*innen und … Gagen?

Bei aller Liebe für unsere kunst- und wertvolle Arbeit müssen wir mit unseren Gagen unseren Lebensunterhalt bestreiten – inklusive Mieterhöhungen und Inflation. Und Synchronfirmen wollen Gewinne erzielen und arbeiten, von Momenten künstlerischer Anwandlungen abgesehen, nicht aus Liebhaberei für ein kostenintensives Hobby. Deshalb muss eine zukünftige, angemessene Vergütung für uns auch in einem angemessenen Verhältnis zum Profit unserer

Arbeitgeber stehen. Das ist natürlich komplizierte als der hausbackene Ratschlag, sich doch „irgendwo in der Mitte“ zu einigen. Denn es geht, um nur einiges zu nennen, auch um die Bezahlung von Trailern, Gesangsaufnahmen und – besonders heikel – die Höhe der sogenannten Kindergagen.

Nach der jahrzehntelangen Existenz ortsüblicher, aber niemals festgelegter Gagen, müssen eine Menge dicker Bretter gebohrt werden, um zu einem differenzierten und gerechteren Ergebnis zu kommen.

Unsere Branche steht dabei leider nicht im Fokus der Medien und wird deshalb weniger wahrgenommen als Pflegenotstand, Streiks bei der DB oder die Höhe des Mindestlohns. Um so wichtiger wäre es, sich mehr als bisher in der Öffentlichkeit bemerkbar zu machen. Es empfiehlt sich für uns aber weniger, sich zum Beispiel an einem Studio-Pult festzukleben

… Schlechte Idee: Dort sieht uns ja keiner!

Stefan Krause
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Synchronisiert schon seit analogen Zeiten in Hamburg, München und (hauptsächlich) Berlin. Er ist seit Anbeginn Mitglied des IVS und der Gewerkschaft ver.di, seit 2007 in der Redaktion der UNSYNCBAR und seit 2019 in der SCHAUSPIEGEL-Redaktion.
Er lebt, liest und arbeitet autolos & mobil in Berlin-Kreuzberg.