
Also, wie war das mit dieser Pandemie? Oder ist sie irgendwie immer noch da? Die Antwort heißt wieder mal eindeutig „Jein!“. So offiziell das hygienische Reglement für die Synchronateliers mit Brief und Siegel 2020 verkündet wurde, so inoffiziell verschwanden nach und nach Masken, Belüftungs- und Abstandsregeln. Bei einigen Firmen kehrten sogar wieder papierne Dialogbücher zurück, die wohl eher zu Unrecht verdächtigt worden waren, gefährliche Virusträger zu sein. Und zwischenzeitlich verwaiste Aufenthaltsräume, die ja schon vorher eher Aufbewahrungszonen genannt werden konnten, wurden in einigen Häusern reaktiviert und mit den alten Sitzgelegenheiten möbliert.
Und wie weiter? Business as usual, d. h. zurück in den alten Trott? Nein, da haben sich ein paar Neuerungen eingeschlichen, die gekommen sind, um zu bleiben: Beispielsweise blieb das krankheits- bzw. quarantänebedingte Synchron-Homeoffice von Regisseur*innen auch nach der Krise beliebt. Und die vormals verordnete Verbannung von Cutter*innen aus den Ateliers wurde auch noch nicht flächendeckend rückgängig gemacht. Warum auch? Hat sich doch bewährt. Am Ende darf man sich freuen, wenigstens noch menschlichen (Blick-)Kontakt zur Person am Mischpult zu haben. Und es bedarf keiner großen Phantasie, wann der nächste Ver- such gestartet wird (natürlich ganz leise!), auch das
„Sprachpersonal“ von zu Hause arbeiten zu lassen. Wetten, dass?
Und während sich die Synchronschauspieler*innen zum Thema K.I. mehr oder weniger aufgeregt Gedanken um ihre Zukunft machen, hält sich die Branche erwartungsgemäß bedeckt und setzt auf Expansion, ohne sich näher dazu zu äußern, wohin die Reise geht. Die Chefetagen scheinen da besser abgeschirmt und schallgeschützt zu sein als manche der neuen Ateliers.
Die oft zitierte „Zeitenwende” findet auch bei uns statt. Aber sie wurde nicht mit lautem Getöse vor laufenden Kameras ausgerufen, sondern kam auf leisen Sohlen – durch die Hintertür. Und es soll tatsächlich Kolleg*innen geben, die sie noch immer nicht bemerkt haben.

Stefan Krause
Synchronisiert schon seit analogen Zeiten in Hamburg, München und (hauptsächlich) Berlin. Er ist seit Anbeginn Mitglied des IVS und der Gewerkschaft ver.di, seit 2007 in der Redaktion der UNSYNCBAR und seit 2019 in der SCHAUSPIEGEL-Redaktion.
Er lebt, liest und arbeitet autolos & mobil in Berlin-Kreuzberg.